Es geht hier heute nicht um sein Ego, seine permanenten Lügen, seinen Hass, seine fehlende Moral, seine Kriminalität und Gesetzlosigkeit, seinen gegenwärtigen Staatsstreich von oben oder seinen Weg in den Faschismus. Es geht hier heute um seine frappierende Inkompetenz oder mit anderen Worten sein erschreckend niedriges Bildungsniveau. An der aktuellen Entwicklung in den USA wird die Bedeutung und Relevanz von Bildung in dramatischem Mass deutlich. Der Begriff “Bildung” ist nicht einheitlich definiert und wurde in verschiedenen Theorien unterschiedlich umrissen. Bildung ist Wissen, aber auch persönliche Weiterentwicklung, Reflexion, Reife, Weltbild, Weitsicht etc.
Bildung kann durch den Blick in Geschichtsbücher erlangt werden. Der US-Präsident hat Ende Februar mit seinen Strafzöllen einen weltweiten Handelskrieg losgetreten. Es ist nicht der erste. Die massive Einführung von Importzöllen hat in allen Fällen dasselbe Muster gezeigt: Sie rufen Gegenzölle hervor, die Inflation steigt, und die Folge ist eine Rezession, und am Ende verlieren alle Teilnehmer. Die Hoffnung der Stärkung der eigenen Wirtschaft trügt verläßlich jedes Mal.
Es ist auch kleines volkswirtschaftliches Einmaleins, dass Zölle nicht zu sprudelnden Staatseinnahmen, sondern steigenden Preisen, fallender Nachfrage und zurückgehenden wirtschaftlichen Aktivitäten führen. Alle führenden Ökonomen haben die negativen Folgen der Strafzölle nach ihrer Androhung vorausgesagt. Das Wissen ist vorhanden, aber beim Präsidenten nicht angekommen.
„Bildung kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene.“ (Carl Andreas Hilty). Bildung heißt Reflexion und das Hinterfragen von Themen, Meinungen, Informationen, aber auch der eigenen Person, das nennt man Selbstkritik. Der US-Präsident hält sich für den größten Verhandler der Welt und wollte den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er – über die Köpfe in der betroffenen Ukraine hinweg – den Maximalforderungen des russischen Präsidenten vorab nachgegeben. Der schnelle Waffenstillstand blieb trotzdem Illusion.
Der amerikanische Präsident hat nicht erkannt, dass ihm der KGB-erfahrene russische in Sachen Verhandlungsgeschick, Propaganda und Geduld haushoch überlegen ist, durch den Zeitdruck in Washington und der Lage an der Front eine weiter gestärkte Position innehat und mangels eigenem Interesse an einem Waffenstillstand nach Zusage der Ursprungsforderungen selbstverständlich weitere stellt. Putin zieht Trump seit Wochen am Nasenring durch die Manege. Letzterer fängt an, das zu sehen, übersetzt das aber nicht in Einsicht, sondern in Wut, die er zudem nicht am Starken, sondern in armseliger Manier am Schwachen, der Ukraine und ihrem Präsidenten, entlädt.
Politik und Wirtschaft bewegen sich in komplexen Zusammenhängen und Abhängigkeiten. Weitsicht heisst Auswirkungen, die das Drehen einer Schraube an anderen Stellen im großen Kontext hat, vorauszusehen. Es war eigentlich keine Überraschung, dass die Aktienmärkte nach den Zollankündigungen in Erwartung der wahrscheinlich gewordenen Rezession oder gar Stagflation eingebrochen sind.
Die noch größere Gefahr liegt jedoch darin, dass die USA zwar die stärkste Volkswirtschaft der Welt sind, jedoch gleichzeitig ein gigantisches Staatsdefizit mit immensen Schulden von 37 Bill. USD haben, beispielsweise gegenüber China (knapp 800 Mrd. USD) und Japan (knapp 1,3 Bill. USD), die damit ein riesiges Druckmittel gegen Trump in der Hand haben. Parallel zum Crash an den Aktienmärkten sind infolge von Verkäufen von US Staatsanleihen die Renditen in die Höhe geschnellt. Das bedeutet steigende Zinsen, die bei den anstehenden Refinanzierungen i.H.v. ca. 7 Bill. USD schon in diesem Jahr den Schuldendienst weiter nach oben treiben werden.
Trump hat das nicht vorausgesehen und ist erst nach den Verwerfungen zurückgerudert, was das Chaos an den Märkten weiter vergrößert hat.
An den Reaktionen alter Verbündeter Amerikas auf den Hass und das erratische Vorgehen Trumps sowie den Verwerfungen an den Kapitalmärkten wird aber auch das schwindende Vertrauen in die Verläßlichkeit der USA deutlich. Vertrauen ist jedoch die Basis von Verträgen und von wirtschaftlicher Zusammenarbeit, die Voraussetzung für Investitionen und auch dafür, dass man Kredite aufnehmen kann. Gleichzeitig ist Vertrauen schnell zerstört, aber nur sehr langsam wieder aufgebaut. Chaotisches Hin und Her ist hilfreich, Grenzen auszutesten, und wenn nötig, doch wieder zu respektieren. Der dadurch entstehende Vertrauensverlust stellt jedoch einen langfristigen schweren Schaden dar.
Trump ist bisher mit der Aushöhlung der Demokratie relativ erfolgreich unterwegs, da die Gerichte kaum hinterherkommen und von ihm ignoriert werden, weil es die Demokraten noch immer nicht geschafft haben, sich als wirksame Opposition zu formieren, und weil die Proteste in der Bevölkerung zwar lauter werden, aber zahlenmäßig noch Luft nach oben haben.
Die wirtschaftlichen Schäden infolge seiner Inkompetenz werden jedoch zunehmend deutlich und irgendwann in den Geldbeuteln der Wähler konkret. Und der Geldbeutel hat amerikanische Wähler traditionell aktiv werden lassen. Weiterhin sind die wirksamste Opposition im Moment die Kapitalmärkte, an denen auch Trump nicht vorbeikommt.
Möglicherweise hilft sein Hass, seine Rücksichts- und Skrupellosigkeit in Richtung der Erreichung seiner Ziele. Möglicherweise wird sein geringes Bildungsniveau aber auch die entscheidende Bremse auf dem Weg dorthin sein.
Bildung ist wichtig.